Makro-Fotografie extrem vom Maßstab 1:1 bis 5:1

Es war einmal eine Zeit, da konnten sich Menschen und Fotografen frei treffen und Corona war noch eine schlechte Idee in irgendeinem chinesischen Hinterhof-Labor – die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch daran. Damals, es war im August 2019, fand beim Fotoclub Wolfratshausen ein Workshop zum Thema Makro-Fotografie und Focus-Stacking statt. Es ging also darum, kleine Dinge groß und zusätzlich scharf zu machen.

Das Maß aller Dinge für jenes Unterfangen war damals ein Makroobjektiv, mit dem man aufgrund des geringen Mindestabstands kleine Motive im 1:1-Maßstab auf den Sensor ablichten konnte. Zur Erinnerung: Standard-Objektive benötigen zum Scharfstellen eines Motives 0,5 bis 1,5 Meter Abstand, daraus resultiert dann ein Abbildungsmaßstab von gerade mal 1:7 bis 1:10. Oder noch simpler erklärt. Eine Biene mit Makro aufgenommen kann die komplette Fläche des Kamera-Sensors ausfüllen, mit Standard-Objektiv oft nur 1/10tel.

Makro im Maßstab 2:1 bis 5:1

Makro Amethyst Größenvergleich - Andy Ilmberger
Makro Amethyst Größenvergleich mit 5-Cent-Stück

Der Maßstab 1:1 ist bei Makro aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Die Firma Novoflex etwa bietet Mikroskop-Linsen bis zu einem Maßstab von 50:1, damit lassen sich dann Corona-Viren einzeln aufspüren und mit einer Fliegenklatsche zur Strecke bringen. So ein Objektiv kostet aber allein etwa 2.700 Euro – plus etwa nochmal soviel für eine Systemumgebung, um die Linse überhaupt einsetzen zu können.

Aber es geht auch eine Nummer kleiner. Maßstäbe von 2:1 bis 5:1 sind ebenfalls sehr beeindruckend und reichen aus, um so manchem Insekt auf den Zahn zu fühlen. Zum Demonstrieren dieser Maßstäbe nutzte ich der Einfachheit halber ein Objekt, welches weder beißt, sticht oder wegfliegen kann: ein kleines Bruchstück Amethyst. Es ist etwa so lang wie eine Hornisse und halb so hoch wie ein 5-Cent-Stück. In dieser Testreihe ging es nun um den Versuch, den höchstgelegenen Kristallsplitter immer näher ins Visier zu nehmen.

 

Makro 1:1 – Amethyst aufgenommen mit einem 90-mm-Makroobjektiv

Die Testreihe beginnt mit einer klassischen Makro-Aufnahme, also mit einem 90-mm-Makroobjektiv und so dicht dran am Motiv, wie es die Scharfstellung erlaubt. Als Blende ist f8 eingestellt, der Focus liegt auf dem Kristallgipfel in der zweiten Reihe. Vor und hinter der anvisierten Kristallkante sieht man bereits deutlich die bei Makro typischen Unschärfe-Bereiche.      

Makro Amethyst mit Makroobjektiv - Maßstab 1:1 - Andy Ilmberger
Makro Amethyst aufgenommen mit Makroobjektiv 90 mm Brennweite – Maßstab 1:1

Makro 2:1 – Amethyst aufgenommen mit einem Umkehrring und einem Standard-Zoomobjektiv

Noch näher ans Motiv kommt man mit Hilfe eines Umkehrrings. Dazu nimmt man ein normales Standard-Zoomobjektiv – etwa mit 24 bis 70 mm Brennweite – verschraubt es an Vorder- und Rückseite mit dem Umkehrring und montiert auf diese Weise ein normales Objektiv umgekehrt auf die Kamera. Somit mutiert das Standard-Zoom zu einem extremen Makroobjektiv, welches einen noch geringeren Abstand zum Motiv ermöglicht und deshalb einen Abbildungsmaßstab von etwa 2:1 erlaubt. Die Tiefenschärfe nimmt damit allerdings weiter ab.

Makro Amethyst mit Umkehrring - Maßstab 2:1 - Andy Ilmberger
Makro Amethyst aufgenommen mit Umkehrring und Standard-Zoomobjektiv – Maßstab 2:1

Ein Umkehrring oder auch Retroadapter kostet etwa ab 70 Euro aus China bis hin zu 340 Euro für Made in Germany. Zu empfehlen ist für diesen Makrobereich außerdem ein Einstellschlitten, mit dem die Kamera auf einem Stativ zum Scharfstellen nach vorne oder hinten bewegt werden kann. Diese Art der Scharfstellung erlaubt mehr Feinjustage als die Fokussierung übers Objektiv.  

Makro 5:1 – Amethyst aufgenommen mit einem 90-mm-Makroobjektiv plus einem Balgengerät

Mit Hilfe von Zwischenringen lässt sich der Abstand zwischen Linse und Motiv ebenfalls verringern. Solche Zwischenringe schraubt man zwischen Kamera-Body und Objektiv, deshalb ja Zwischenring. Solche Zwischenringe gibt es im Dreier-Set bereits für unter 20 Euro aus Fernost.

Makro Amethyst mit Balgen - Maßstab 5:1 - Andy Ilmberger
Makro Amethyst aufgenommen mit Balgen und einem 90-mm-Makroobjektiv – Maßstab 5:1

Die Deluxe-Variante eines Zwischenringes ist ein so genannter Balgen. Er kommt ebenfalls zwischen Kamera-Body und Objektiv, erlaubt durch seine Länge noch geringere Abstände zum Motiv und ist durch seinen Ziehharmonika-Kubus völlig frei justierbar. Mit einem Balgengerät sind Abbildungsmaßstäbe von etwa 3:1 bis 5:1 möglich – je nach Objektiv und Feingefühl. „Dumme“ Balgen kosten kaum mehr als Zwischenringe, intelligente bzw. automatische Balgen, welche die Informationen der Kamera auch ans Objektiv durchgeben, können schon mal 800 Euro kosten. Damit lässt sich dann aber entsprechend präziser arbeiten. Auf jeden Fall ist beim Arbeiten mit einem Balgengerät ebenfalls ein Einstellschlitten auf dem Stativ sehr zu empfehlen.

Makro 5:1 – Amethyst aufgenommen mit einem 90-mm-Makroobjektiv plus einem Balgengerät – und gestackt

Wie bereits erklärt, je näher das Objektiv dem Motiv kommt, desto mehr schrumpft der scharfe Bereich. Da nutzt auch eine Blende f22 nichts mehr. Erstens bringt sie kaum etwas, zweitens arbeiten diese Objektive mit kleiner Blende zusehends unschärfer und verzerrter. Experten empfehlen daher, ein Makroobjektiv bis maximal Blende f8 zu benutzen. Jene Blende f8 kam auch beim vorhergehenden Bild zum Einsatz und man sieht schon, dass der Schärfebereich vielleicht gerade mal 1 mm beträgt. Das kann der Fotograf natürlich zur Kunstform erheben, andererseits will man ja bei der Makro-Fotografie Dinge sichtbar machen, die dem Betrachter mit bloßem Auge verwehrt bleiben.

Makro Amethyst mit Balgen und gestackt - Maßstab 5:1 - Andy Ilmberger
Makro Amethyst aufgenommen mit Balgen und einem 90-mm-Makroobjektiv sowie Focus Stacking – Maßstab 5:1 – Andy Ilmberger

Deshalb kommt man in diesen extremen Makro-Bereichen um Focus-Stacking nicht herum – schon kaum bei 1:1, erst Recht nicht bei 2:1 oder höher. Der Anspruch an das Feingefühl des Fotografen bei Extrem-Makro ist allerdings sehr hoch. Deshalb sei an dieser Stelle allen aufstrebenden Makrofotografen ein präziser Einstellschlitten ans Herz gelegt. Und hier nochmal das Endergebnis dieser Testreihe: der Gipfel des Kristalls ganz nah und gestackt, Maßstab etwa 5:1.

© Andy Ilmberger